Billige Straßenbahn soll leere Kassen schonenLeipziger Verkehrsbetriebe setzen auf EigenbauANDREAS BISKUPEK HANDELSBLATT, 24.8.2004 LEIPZIG. Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) sind unter die Straßenbahn-Konstrukteure gegangen. Sie haben im Eigenbau eine robuste, einfache und damit gegenüber den Industrieprodukten billige Tram gebaut. Gemeinsam mit der Verkehrstechnik- Tochter der Siemens AG sollte der "Leoliner" in Serie gefertigt werden - für den Eigenbedarf und für den Export. Doch daraus wurde vorerst nichts. Während die Leipziger Arbeitsplätze am Ort schaffen wollten, hätte Siemens Transportation Systems (TS) seinen Standort Prag als Fertigungsstätte bevorzugt. Das brachte die Partner auseinander. LVB-Chef Wilhelm Georg Hanns kann die Enttäuschung nicht verbergen: "Wir haben mit Siemens sehr gut zusammengearbeitet, und wir wollten diesen Partner mit dem weltweiten Vertriebsnetz, wenn irgend möglich, behalten - allerdings nicht um den Preis von verlorenen hiesigen Arbeitsplätzen." Den Leoliner in Tschechien zu bauen, war für die LVB deshalb nicht akzeptabel. Siemens TS, derzeit schwer gebeutelt durch Konstruktionsfehler bei den Aluminium-Wagenkästen seiner "Combino"-Trams, wollte sich offiziell nicht äußern. In Unternehmenskreisen hieß es dazu, das technische Konzept des Leoliners passe einfach nicht zu den High-Tech-Produkten des Konzerns. "Ich glaube, die höhere Führungsschicht von Siemens hat gar nichts vom Leoliner mitbekommen", ärgert sich Hanns. Und legt nach: "Erst hat man uns - dem Mittelständler - nicht zugetraut, den Leoliner auf die Räder zu stellen und dann wollte man die Entwicklung ins Ausland verkaufen - ins Ausland, das nur auf dem Papier billiger ist, volkswirtschaftlich dagegen nie." Bei der LVB-Tochter Leipziger Fahrzeugservice-Betrieb GmbH (LFB), an der Siemens zu 50 Prozent beteiligt ist, war Anfang 2003 die Idee zur Billig-Tram entstanden. In nur zwei Monaten wurden die Konstruktionszeichnungen erstellt - für einen Straßenbahntyp, der robust sein und mit engen Kurvenradien und abgenutzten Schienen zurecht kommen sollte. Im April 2003 begann der Bau von zwei Prototypen des Leoliners. Dabei sollte die Tram nur halb so viel kosten wie die Spitzenprodukte der großen Hersteller. Und wichtig für das Vorhaben war auch, dass die meisten der 120 Zulieferer aus der mitteldeutschen Region kamen. Nach acht Monaten Bauzeit startete der erste Leoliner Ende 2003 und fährt mittlerweile im Liniendienst. Unterdessen bereiteten die Leipziger die Serienproduktion vor. Es wurden Zulieferer ausgesucht. Bei ersten Marktsondierungen stellte sich heraus, dass über den angepeilten Markt Ost- und Südeuropa hinaus auch Städte im Nahen Osten am Leoliner Interesse zeigten. Der Leoliner sei "ohne Zweifel ein qualitativ etabliertes Produkt zu einem günstigen Preis", urteilt Maria Leenen, Geschäftsführerin der spezialisierten Beratungsfirma SCI Verkehr. Jetzt müssten die Leipziger aber den Beweis antreten, dass ihr Fahrzeugkonzept auch auf anderen als dem Leipziger Netz tauge. Rückenwind erhalte der Leoliner durch die wachsende Finanzknappheit der Kommunen ebenso wie durch die Probleme, die Siemens mit dem Combino habe. Inzwischen plant die LFB zunächst vorsichtig mit etwa 50 festen Beschäftigten in einem neuen Betrieb ohne den Partner Siemens. Die Serienfertigung soll im Oktober starten. Der erste Auftrag, um den sich die neue Firma bewerben wird, sind zwölf Bahnen, die die LVB selbst benötigt. Ein neuer Partner für den internationalen Vertrieb ist ausgeguckt, wird aber noch nicht genannt. "Ich garantiere, dass wir im Oktober mit der Firma und dem neuen Partner starten", verspricht Hanns. Das letzte Wort habe aber der kommunale Eigentümer der LVB. Quelle: Handelsblatt Nr. 163 vom 24.08.04 Seite 13 |
www.sci.de ist die Internetseite der SCI Verkehr GmbH Schanzenstraße 117 | 20357 Hamburg | fon +49 (0)40-50 71 97 0 |