SCI/Branchenbarometer Bahn - Oktober 2003"Öffentliche Haushaltslage trübt den Optimismus der Bahnunternehmen"Die euphorische Stimmung anlässlich der mehrfach beschriebenen Sonderkonjunktur in der Bahnwirtschaft schwächt ab. Ursache hierfür ist insbesondere der nationale Markt, dessen Perspektiven aufgrund von Sparmaßnahmen der öffentlichen Haushalte deutlich kritischer als noch in den Vormonaten eingeschätzt werden. Ein erwartet geringeres Marktvolumen im Inland lenkt die Aufmerksamkeit der Branche erneut auf den Abbau von Überkapazitäten. Erwartet wird von den Marktteilnehmern eine weitere Konzentrationswelle in der Bahnindustrie, die auch mittelständische Zulieferer betreffen wird. Aufgrund der guten Auftragslage bewertet die Mehrheit der Unternehmen die aktuelle Geschäftslage auch im Monat Oktober weiterhin als "saisonal üblich", im Vergleich zu den Vormonaten hat sich die Geschäftslage stabilisiert und wurde gegenüber September sogar leicht positiver bewertet. Signifikant ist allerdings die Veränderung in Bezug auf die Zukunftserwartung: Hier zeigt sich eine wachsender Verunsicherung gegenüber den Vormonaten. Allein für die kommenden drei Monate erwarten fast ein Viertel der Unternehmen eine ungünstigere Geschäftsentwicklung. Dies ist die höchste Negativerwartung seit Einführung des SCI/Branchenbarometers im Mai 2003. Die aktuell durch das Koch/Steinbrück-Papier ausgelöste Debatte um eine Reduzierung der Regionalisierungsmittel, der neue Bundesverkehrswegeplan bzw. die spürbar angespannten Haushalte bei Bund, Ländern und Gemeinden lassen sowohl die Industrieunternehmen wie Dienstleister und die Bahnbetreiber befürchten, dass zukünftig weniger Finanzmittel für das System Bahn zur Verfügung stehen werden. Bemerkenswert ist allerdings, dass die befragten Unternehmen die Verschlechterung der konjunkturellen Aussichten auf dem deutschen Markt eher für die Branche insgesamt und weniger für das eigene Unternehmen wahrnehmen. Begründet wird dies bei den Systemhäusern und größeren Playern der Branche mit der erfolgreichen Kompensation der geringeren Inlandsaufträge durch Erfolge im Exportgeschäft. Allerdings zeigt sich umgekehrt, dass viele kleinere Unternehmen sowie Dienstleistungsunternehmen ihren Aktivitätsschwerpunkt auf dem Inlandsmarkt haben, so dass Investitionsreduzierungen hier spürbare Auswirkungen haben könnten. Nach Aussagen der Branchenexperten ist die Produktpalette vieler Unternehmen trotz Bestrebungen zur Standardisierung von Produkten gewachsen. Wie schon im Rahmen einer Analyse der Bahnzulieferindustrie von SCI Verkehr im Auftrag des BMWA Anfang des Jahres gezeigt wurde, ist die Produktvielfalt bei wachsendem Modularisierungsgrad gestiegen. Bei Schienenfahrzeugen ist festzustellen, dass eine Modularisierung von den Systemhäusern zwar gewünscht wird, aber durch den neuen heterogenen Markt nicht vollständig umgesetzt werden kann. Im Bereich der Leit- und Sicherungstechnik, die eine "Vorreiterrolle" in Bezug auf europäische Harmonisierung und Standardisierung eingenommen hat, ist ebenfalls zu erkennen, dass eine einheitliche Technik auf in- und ausländischen Strecken gegenwärtig kaum durchsetzbar ist. Im Vergleich zur Juli-Befragung hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt der Branche weiter verschlechtert. Für die kommenden drei Monate wird hier mit keinem Beschäftigungszuwachs gerechnet. In der Juli-Befragung hatte noch ein Drittel der befragten Unternehmen erwartet, dass die Zahl der Beschäftigten steigen wird und lediglich 3% gingen von sinkenden Zahlen aus. Tatsächlich ist bei nur 23% der Unternehmen die Beschäftigtenzahl gestiegen und bei 12% dagegen gesunken. Inwieweit die sich andeutende Verunsicherung von Teilen der Branche nachhaltig ist, kann derzeit noch nicht abgesehen werden. Über 80% der Unternehmen bewerten den aktuellen Auftragseingang als gut bzw. saisonal üblich. Ungeachtet der allgemeinen Branchenentwicklung erwartet fast die Hälfte der Unternehmen eine weitere Steigerung der Auftragseingänge. Hoffnung für diese Steigerung gibt eine neu bevorstehende Ausschreibungswelle sowie die Privatisierung von Märkten (u.a. der italienische Bahnmarkt 2004) in den kommenden Jahren. Hier wird insbesondere bei ausländischen Märkten von Wachstumsimpulsen für die Branche ausgegangen. Auch hier bewerten die Unternehmen die allgemeine Branchenentwicklung negativer als die Konsequenzen für das eigene Unternehmen. Es wird selbstbewusst davon ausgegangen, dass das eigene Unternehmen sich im Wettbewerb auch bei einer schwierigeren Gesamtlage gut behaupten kann.
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